Rüttler Grundlagen und Anwendungen

Rüttler Grundlagen und Anwendungen Abb. 1: Teilansicht einer Binderschalung (45m) mit
Hochfrequenz-Außenrüttlern (Fa. Avermann)

Beton wird in Schalungen gegossen und gerüttelt, damit eingeschlossene Luft entweicht und der Beton verdichtet wird. Auch flüssige Schokolade wird durch Rüttler entlüftet, bevor sie in Formen gegossen wird und erkaltet. Die störenden Lufteinschlüsse verschwinden, wenn die Masse so bewegt und dadurch die Reibung zwischen den einzelnen Materialbestandteilen vermindert wird (Fließvorgang).

Auch Schüttgüter wie Sand, Zement, Kalk, Kohle, Getreide usw., die in Silos oder anderen Behältern lagern, müssen durch Rüttler in Bewegung versetzt werden, damit sie sich lockern und lösen und aus dem Behälter gut abfließen können. Bewegung von Massen ist auch beim Fördern von Schüttgütern auf Förderrinnen und beim Sieben mit Schwingsieben notwendig. Erzeugt wird diese Bewegung mit so genannten Außenrüttlern, die an der Rüttelvorrichtung, dem Auslauf der Silos oder der Förderrinne befestigt sind.

Rüttler Aufbau (Außenrüttler)

Rüttler Aufbau (Außenrüttler) Abb. 2: Schnittbild eines Außenrüttlers mit Drehstrom-Asynchronmotor

Der Außenrüttler ist ein Drehstrom-Asynchronmotor, bei dem an den Enden der Läuferwelle Gewichte exzentrisch angebracht sind, so genannte Unwuchten. Bei sich drehender Welle werden Fliehkräfte erzeugt. Die Größe dieser Fliehkräfte kann durch Verstellen der Unwuchten im Stillstand der Rüttler verändert werden. Die Unwuchten sind geteilt und können gegeneinander verdreht werden. Jedes Gewicht erzeugt bei Drehung einen Fliehkraftvektor, dessen Richtung durch den Drehpunkt (Läuferwellenmitte) und den Schwerpunkt der Unwucht festgelegt ist.

Da sich die Gesamtfliehkraft als Resultierende dieser Fliehkraftvektoren ergibt, kann man durch verdrehen der Gewichte die Gesamtfliehkraft vergrößern oder verkleinern (s.Abb. 2 und 4). Außenrüttler können Fliehkräfte bis 100kN und mehr erzeugen. Um trotz der der rauen Einsatzbedingungen hohe Standzeiten der Außenrüttler zu erzielen, haben die Motoren schwingungsfeste, hochtemperaturfeste Statorwicklungen, Spezial-Wälzlager mit Hochleistungschmierfetten und schwingungsfeste Anschlusskabel.

Rüttler Funktionsweise

Die Fliehkräfte, die der Rüttler erzeugt, versetzen nun die Rüttelvorrichtung (Tisch, Schalung, Form, Rinne) und die Masse, z.B. den Beton in Schwingungen. Die Größe der erzeugten Fliehkraft und die Masse der Einrichtung, an die der Außenrüttler fest angeschraubt ist und die er in Schwingungen versetzen soll, bestimmen die Größe der Schwingungsbreite.

Aussenrüttler Funktionsweise
Abb. 3: Bewegung eines Punktes P an der Rüttlervorrichtung während einer Motorumdrehung

Die Schwingungsbreite s ist der gesamte Ausschlag (Doppelamplitude), der während einer ganzen Schwingung an einer Stelle der Rütteleinrichtung auftritt.

Aussenrüttler - Entstehung der resultierenden Fliehkrafte
Abb. 4: Entstehung der resultierenden Fliehkraft

Schwingungsformen der Rüttler

Da die umlaufenden Gewichte Fliehkräfte in periodisch wechselnden Richtungen erzeugen, rufen sie kreisförmige, lineare oder elliptische Schwingungen hervor. Ein Außenrüttler allein erzeugt grundsätzlich kreisförmige Schwingungen, während zwei gleiche, parallel angeordnete und gegenläufig drehende Außenrüttler lineare Schwingungen erzeugen.

  • Kreisförmige Schwingung

    Der Rüttler bewegt radial in allen Richtungen die gleiche masse, das heißt die Schwingungsbreite s ist in allen Richtungen gleich, es entsteht eine kreisförmige Schwingung.

  • Aussenrüttler - Entstehung von Kreisschwingungen Abb. 5: Entstehung von Kreisschwingungen. Punkt P, als Teil der Vorrichtung, wird duch die sich laufend ändernde Fliehkraftrichtung in eine kreisförmige Schwingung versetzt

  • Lineare Schwingung

    Zwei gleiche Außenrüttler sind parallel zueinander angebracht und drehen gegenläufig. Durch die eintretende Synchronisation heben sich die gegeneinander gerichteten Kräfte auf, die gleichgerichteten addieren sich. So entsteht eine lineare Schwingung.

    Beim Fördern erzeugen z.B. zwei gegenläufig angebrachte Außenrüttler eine Wanderbewegung des Fördergutes in eine Richtung (lineare Bewegung). Die einzelnen Fördergutteilchen oder –stücke werden unter einem bestimmten Wurfwinkel dauernd so angestoßen, dass eine Kette von Mikrowurfbewegungen entsteht.

  • Aussenrüttler - Entstehung von linearen Schwingungen Abb. 6: Entstehung von linearen Schwingungen. Punkt P wird duch die sich addierenden Fliehkräfte in eine lineare Schwingung versetzt

  • Elliptische Schwingung

    Ein Rüttler ist allein asymmetrisch an einer beliebigen Stelle einer Form angebracht, z.B. am Ende eines T-Trägers. In den verschiedenen Richtungen muss er unterschiedlich große Massen bewegen. Bei großer Masse wird die Schwingungsbreite klein, bei kleiner Masse wird sie groß. Die unterschiedlichen Schwingungsbreiten erzeugen so eine elliptische Schwingung.

  • Aussenrüttler - Elliptische Schwingung Abb. 7: Elliptische Schwingung. Bei gleicher Fliehkraft Fc entstehen unterschiedliche Schwingungsbreiten s1 und s2, je nach zu bewegender Masse

Rüttlertypen

Es gibt so genannte Normalfrequenzrüttler mit 1000, 1500 oder 3000 Schwingungen pro Minute bei einer Netzfrequenz von 50 Hz und Hochfrequenzrüttler mit 6000 oder 12000 Schwingungen pro Minute bei einer Betriebsfrequenz von 200 Hz. Welcher Rüttler bzw. welche Schwingungszahl gewählt wird, hängt ab vom jeweiligen Einsatzfall (Verdichten, Lockern, Fördern), von der zu bewegenden Rütteleinrichtung (Steifigkeit, Gewicht) und dem zu bearbeitenden Material (Eigenschaften, Gewicht).

Grundsätzlich gilt, dass bei gleicher Fliehkraft eine niedrigere Rüttlerfrequenz eine größere Schwingungsbreite erzeugt und umgekehrt eine hohe Rüttlerfrequenz eine kleinere Schwingungsbreite bewirkt. So sind z.B. Rüttler mit 1000 und 1500 Schwingungen/min wegen ihrer verhältnismäßig großen Schwingungsbreiten zum Sieben und Fördern grobkörniger Stoffe geeignet.

Außenrüttler mit 3000 Schwingungen/min haben sich beim Lockern und Lösen oder für das Fördern feinkörniger Stoffe bewährt. Hochfrequenz-Außenrüttler mit 6000 oder 12000 Schwingungen /min sind hervorragend zur Verdichtung feinkörniger Stoffe geeignet, da sie durch hohe Frequenz und geringe Amplitude die Feinstanteile besonders stark anregen. Das bedeutendste Einsatzgebiet der Hochfrequenzrüttler ist die Betonverdichtung. Außenrüttler mit 6000 Schwingungen/min erzeugen größere Tiefenwirkung und verursachen weniger Lärm als solche mit 12000 Schwingungen/min.

Rüttlertyp Elektrische Antriebs-frequenz Polpaar-zahl Schwingungs-(Dreh-) zahl Mechanische Schwing-frequenz
Hoch-frequenz-außen-rüttler (HF) 200 Hz
200 Hz
1
2
12000l/min
6000l/min
200 Hz
100 Hz
Normal-frequenz-außen-rüttler (NF) 50 Hz
50 Hz
50 Hz
1
2
3
3000l/min
1500l/min
1000l/min
50 Hz
25 Hz
16,66 Hz
Polpaarzahl x 2 = Polzahl
Tabelle 1: Wichtige Motorkenngrößen

Die Arbeitsweise des Rüttlers: Einsatzgebiete

  • Verdichten von Beton in großflächigen Schalungen

    Bei diesem Einsatzfall erzeugen die Außenrüttler Schwingungen, die in das Profil (Rüttlerträger), am dem sie angebracht sind, eingeleitet werden. Die Schwingungen werden von weiteren Versteifungsträgern an die Schalhaut und von dort in den Beton weitergegeben.

  • Verdichten von Stoffen mit kleineren Rütteleinrichtungen

    Schüttgüter aller Art können zum Beispiel mit einem kleinen Rütteltisch verdichtet werden, auf dem die Behälter oder die Formen befestigt sind. Zwei Außenrüttler werden gegenläufig drehend unter der Tischplatte befestigt. Sie versetzen den ganzen Tisch in lineare Schwingungen.

    Aussenrüttler - Übersicht der Anwendungsgebiete und geeignete Schwingungszahlen Übersicht der Anwendungsgebiete und geeignete Schwingungszahlen

  • Lockern und Lösen von Schüttgütern in Bunkern und Silos

    Der am Silo (Bunker) angebrachte Außenrüttler bringt die Silowand örtlich zum Schwingen, so das Schüttgutbrücken zum Einsturz gebracht werden.

  • Fördern und Sieben von Schüttgütern mit Schwingrinnen und Schwingsiebe

    Rüttler dienen in der Fördertechnik zum Transport von Schüttgütern. Dabei werden sie meist paarweise (gegenläufig drehend) unter einem bestimmten Anstellwinkel an einer Förderrinne eingesetzt.