Fördern und Sieben
Die Funktionsweise und Auswahl der Außenrüttler (auch Unwuchtmotoren genannt) ist beim Fördern und Sieben identisch und wird deshalb auch gemeinsam betrachtet (Beim Sieben werden die Unwuchtmotoren nur anders eingesetzt). Unwuchtmotoren werden beim Fördern und Sieben vor allem dort angewendet, wo raue Bedingungen herrschen, große Materialmengen verarbeitet werden und wenig Platz für den Schwingantrieb vorhanden ist.
Ob mit 1000, 1500 oder 3000 Schwingungen/min gearbeitet wird, hängt von dem zu verarbeitenden Schüttgut und der zu erzielenden Fördergeschwindigkeit ab. Hier gilt folgende Regel:
Für feinkörnige Güter sind hohe Schwingungszahlen etwa 3000 U/min sinnvoll, für grobkörnige Güter dagegen niedrige Schwingungszahlen um 1000 U/min.
Wirkungsweise der Außenrüttler
An einer Förderrinne werden unter einem bestimmten Anstellwinkel zwei gegenläufig drehende Außenrüttler angebracht. Der Anstellwinkel entspricht dem Wurfwinkel, der bei der Betrachtung der Förderbewegung wichtig ist. Die beiden Außenrüttler müssen so angebracht werden, dass die Wirkrichtung der Fliehkräfte durch den Gesamtschwerpunkt der Rinne verläuft. Wie Abb. 6 zeigt, entsteht eine resultierende Kraft, die die Rütteleinrichtung (Rinne oder Sieb) auf einer Ebene hin- und herbewegt. Eine Voraussetzung für diese lineare Bewegung ist, dass beide Außenrüttler exakt synchron laufen, wie es die Zeichnung zeigt.
- Abb. 41: Förderrinne
Dazu muss die Rinne (das Sieb) ein allseitig frei bewegliches System darstellen, schwingungsisoliert aufgehängt sein, und beide Außenrüttler müssen schwingungssteif miteinander verbunden sein. Die schwingungsisolierte Lagerung der Rinne wird mit Stahlfedern oder Gummischwungelementen erreicht (weiche Aufhängung wichtig!). Sind diese Bedingungen erfüllt, synchronisieren sich die beiden Außenrüttler beim Lauf aufgrund von Massenwirkungsgesetzen selbständig.
Fördervorgang
Das Schüttgut gelangt jetzt aus einem Sieb, Bunker oder Förderband auf die Förderrinne, die unter dem Einfluss der Außenrüttler eine lineare Schwingung mit bestimmter Frequenz und Beschleunigung ausführt.
Um den Fördervorgang leichter verständlich zu machen, soll hier ein einzelner Fördergutpartikel betrachtet werden. Die Bewegung des Fördergutpartikels ist in Abb. 42 dargestellt.
Der in die Förderrinne gelangende Fördergutpartikel unterliegt der Beschleunigung a, welche die Rinne durch die Fliehkräfte der Außenrüttler erfährt. Da die Außenrüttler unter einem Anstellwinkel von 25° bis 30° abgebracht sind, wird auch der Fördergutpartikel unter diesem Winkel beschleunigt. In dem Moment, in dem die senkrechte Komponente dieser Beschleunigung (Vertikalbeschleunigung av) die Erdbeschleunigung übersteigt, hebt der Fördergutpartikel vom Rinnenboden ab (Lösepunkt L). Er fliegt bestimmte Zeit (tw) auf einer Wurfbahn und legt eine Wurfstrecke zurück, bis er in der nächsten Schwingungsperiode der Rinne wieder auf dem Rinnenboden auftrifft (Punkt A).
-
- Abb. 42: Beschreibung der Flugbahn eines
Fördergutpartikels (Wurfparabel)
Die so erzeugte Wurfweite und die Größe der Beschleunigung haben wesentlichen Einfluss auf den erzielbaren Fördergutstrom. Der Fördergutpartikel bleibt mit der Rinne solange in Verbindung, bis die senkrechte Beschleunigungskomponente der Rinne wieder größer als Erdbeschleunigung wird.
Dann erfolgt erneut eine Wurfphase. Diese Vorgänge wiederholen sich, bis der Fördergutpartikel die Rinne verlässt. Wegen der kleinen Wurfweiten und der hohen Frequenzen werden die Einzelwürfe vom menschlichen Auge nicht wahrgenommen. Der Materialfluss erscheint daher wie ein in der Förderrinne kontinuierlich fließender Strom. Durch verändern der Beschleunigung a und des Anstellwinkels α kann die Fördercharakteristik beeinflusst werden.
Um diesen Sachverhalt zu verdeutlichen, werden zwei Grenzfälle beschrieben. Befindet sich der Auftreffpunkt A des Fördergutpartikels sehr nahe dem unteren Umkehrpunkt, so ist die Rinnengeschwindigkeit niedrig. Es entsteht wenig Reibung zwischen Rinnenboden und Fördergutpartikel. Da tR groß ist, wird eine niedrige Fördergeschwindigkeit erzielt, dafür werden aber Rinne und Fördergut geschont.
- Abb. 43: Beispiele für Mikrowürfe
Trifft dagegen der Fördergutpartikel nahe dem nächsten Lösepunkt L` auf, so ist die Rinnengeschwindigkeit hoch. Deshalb ist die Reibung zwischen Rinneboden und Fördergutpartikel groß. So erzielt man zwar eine hohe Fördergeschwindigkeit, Rinne und Fördergut werden jedoch übermäßig stark beansprucht.
Am günstigsten ist ein Kompromiss, wie ihn Abb. 42 zeigt.
Auswahl der Außenrüttler
Wie die notwendigen Außenrüttler für eine Rinne oder ein Sieb ermittelt werden, zeigt am besten ein Berechnungsbeispiel.
Folgende Daten müssen bekannt sein:
Förderleistung LF in t/h oder m3/h
Schüttgewicht ρ' in t/m3
Rinnebreite b in m
Rinnenlänge l in m
Rinnenneigung ß in °
Schütthöhe h in m
Für die Schütthöhe h gibt es Erfahrungswerte:
h = 0,1 m bei einer Rinnenbreite bis 0,4 m
h = 0,15 bei einer Rinnenbreite bis 0,6 m
h = 0,2 bei einer Rinnenbreite bis 1,0 m
Daraus werden errechnet:
Rinnenhöhe H
H = h ⋅ 1,30 bis 1,4 in (m)
Fördergeschwindigkeit v (in m/min)
Fliehkraft Fc (in kN)
v = LF / ( b ⋅ h ⋅ 60 ⋅ Fw ⋅ Fß ⋅ Fh ⋅ 0,9)
v = Fördergeschwindigkeit in m/min
LF = Förderleistung in m3/h
b = Rinnebreite in m
h = Schütthöhe in m
Fw = Faktor für die Förderwilligkeit des Gutes
1,0 = sehr gut, z.B. feuchter Sand
0,3 = sehr schlecht, z.B. bei staubförmigen, trockenen Materialien wie Zement
Fß = Faktor für den Neigungswinkel
Fh = Faktor für die Schütthöhe
Die Faktoren Fw, Fß und Fh sind empirisch ermittelte Werte. Das Ergebnis für die Fördergeschwindigkeit wird mit Tabelle 8 verglichen. v sollte bei der vorher festgelegten Schwingungszahl 3000, 1500, 1000 l/min auf jeden Fall in dem grün unterlegten günstigen Bereich liegen, da die Beschleunigung a den Wert von 60m/s2 nicht überschreiten sollte (Zerstörungsgefahr von Rinne bzw. Sieb).
Falls die errechneten Werte für a und v zu groß sind, können Neigungswinkel und Schütthöhe korrigiert werden, bis v und damit a im günstigsten Bereich liegen.
Mit a lässt sich nun die Fliehkraft Fc (in kN) errechnen.
Fc = m ⋅ a / 1000
m = Rinnengewicht + Rüttlergewicht (geschätzt) + 10-15% des in der Rinne liegenden Fördergutes in kg
a = Beschleunigung in m/s2
Da zwei Außenrüttler wegen der linearen Schwingungen verwendet werden müssen, ist die Fliehkraft pro Außenrüttler Fc /2.
Da nun auch das Gewicht der Außenrüttler bekannt ist, kann nochmals eine Korrekturrechnung mit dem tatsächlichen m durchgeführt werden.
- Abb. 44: Faktor Fß abhängig vom Neigungswinkel ß
- Abb. 45: Faktor Fh in Abhängigkeit von Schütthöhe h

- Abb. 46: Förderrinne n einer Recyclinganlage
a |
av |
α° |
v in m/min bei |
s in mm bei |
Bemerkung | ||||
n = 1000 |
n = 1500 |
n = 3000 |
n = 1000 |
n = 1500 |
n = 3000 | ||||
15 20 25 30 35 |
12,6 14,6 16,4 17,7 19 |
57 47 41 36 33 |
4,18 8,42 12,6 16,4 21 |
1,86 3,74 5,6 7,28 9,35 |
0,93 1,87 2,8 3,64 4,68 |
2,7 3,6 4,5 5,4 6,3 |
1,2 1,6 2 2,4 2,8 |
0,3 0,4 0,5 0,6 0,7 |
v klein. Anwendung, wenn kleine Leistung genügt oder nicht genügend Fliehkraft vorhanden ist. Fördergut wird geschont, geringer Rinnenverschleiß |
40 45 50 |
20,5 21,5 22,7 |
31 28,5 27 |
26,1 29,8 34,2 |
11,6 13,24 15,2 |
5,8 6,62 7,6 |
7,2 8,1 9 |
3,2 3,6 4 |
0,8 0,9 1 |
Günstigster Anwendungsbereich |
60 80 |
25,4 30 |
24 22 |
42,6 - |
18,96 26,82 |
9,48 13,41 |
10,8 14,4 |
4,8 6,4 |
1,2 1,6 |
v groß. Rinnenbe-anspruchung und a sehr hoch, hoher Rinnen-Verschleiß |
a = Beschleunigung in m/s2 av = Vertikalbeschleunigung in m/s2 α = Anstellwinkel in ° v = Fördergeschwindigkeit in m/min s = Schwingungsbreite |
Anwendungen Fördern
Um eine einwandfreie Funktion der Rinne (oder des Siebes) zu gewährleisten, sind außerdem noch folgende Punkte bei der Konstruktion einer Förderrinne (oder eines Siebes) zu beachten.
- Die vordere und die hintere Aufhängung der Rinne sollten etwa gleich weit vom gemeinsamen Schwerpunkt entfernt, aber möglichst weit auseinander sein.
- Das Verhältnis zwischen Länge und Höhe einer Förderrinne sollte 5:1 betragen.
- Eine weitere Bedingung für die Synchronisation der beiden Außenrüttler ist, dass sie absolut schwingungsfrei miteinander verbunden sind. Auch die Förderrinne muss wegen der dynamischen Belastung extrem steif sein. Damit diese Forderung bei einem akzeptablen Gewicht noch zu erfüllen ist, sind freischwingende Förderrinnen maximal 6m lang.
Anwendung Sieben
Schwingsiebe werden zum Aussieben von Schüttgütern verwendet, um z.B. verschiedene Materialgrößen zu trennen, oder zum Entwässern von Kies oder Sand. Die Funktion von Schwingsieben ist ähnlich der von Förderrinnen, jedoch ist der Boden als Sieb ausgebildet. Der Siebboden ist in vielen Formen und Variationen entsprechend dem zu siebenden Material ausgeführt (Rundloch, Spalt, Viereck). Es gibt Siebe mit mehreren, untereinander angeordneten Siebböden, Entwässerungssiebe, Analysiebe u.v.m.
Der Unterschied zum Fördern liegt im Anstellwinkel der Außenrüttler, die wiederum paarweise gegenläufig angebracht sind. Der Anstellwinkel ist beim Sieben steiler, damit der Fördergutpartikel am Ende des Mikrowurfes möglichst senkrecht auf dem Siebboden auftrifft und so ein besserer Durchgang durch das Sieb erreicht wird. Außerdem ist auf diese Weise eine bessere Selbstreinigung des Siebes gegeben, da im Siebloch festsitzende Partikel beim nächsten Wurf besser herausgegeben werden. Der Anstellwinkel sollte beim Sieben ca. 45° betragen. Die Wurfweite muss mindestens der Machenweite des Siebbodens entsprechen.